Der Arbeitsplatz muss an den Menschen angepasst werden, nicht umgekehrt – BGFZ.Live am 14.03.2023

Ein Büroarbeitsplatz ist heutzutage fast immer gleichzusetzen mit einem Bildschirmarbeitsplatz. Herrschen Bewegungsmangel, eine unzureichende ergonomische Gestaltung und eine Belastung der Augen vor, kann der Arbeitsplatz durchaus eine Gefährdung für die Gesundheit darstellen. Durch eine gute Ergonomie am Bildschirmarbeitsplatz kann dem aber entgegengewirkt und die Gesundheit gefördert werden. Über dieses Thema sprach Herr Frank Ruhland von der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) in einer neuen Ausgabe BGFZ.Live am 14.03.2023.

Im Büro haben eine Reihe von Faktoren Einfluss auf die Ergonomie, das Wohlbefinden und die Gesundheit. Zu nennen sind hier insbesondere die Raumgestaltung, die Beleuchtung, die Möblierung, die technische Ausstattung, der Bildschirm und das Raumklima. Damit diese Einflüsse gesundheitsförderlich gestaltet werden können, müssen mögliche ungünstige Umstände zunächst erkannt werden. Andernfalls können Fehlhaltungen, Verspannungen, Schmerzen, Belastung der Augen und mit diesen Symptomen einhergehend Konzentrationsmangel, Kopfschmerzen und allgemeines Unwohlsein die Folge sein. In seiner Berufspraxis begegnen Herrn Ruhland immer wieder typische Fehler bei der Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen. Diese sind zum Beispiel:

Damit diese Fehler behoben oder vermieden werden, verwies Herr Ruhland auf drei allgemeine Gestaltungsgrundsätze:

1.  Ausreichend Platz schaffen für Körperhaltungen und -bewegungen (auch bei Laufwegen z. B. von der Tür zum Tisch oder vom Tisch zum Schrank)

 

2. Stabilität zum Aufbringen von Körperkräften (stabile Tische, keine wackeligen Armlehnen)

 

3.  Arbeitsmittel an menschliche Fähigkeiten anpassen (z. B. Höhe von Stuhl, Tisch und Bildschirm)

 

Auf die Abstände und Höhen am Schreibtisch ging Herr Ruhland anschließend näher ein. Diese können abhängig von der Ausstattung auf zwei verschiedene Arten eingestellt werden.

Fall 1: Der Tisch ist höhenverstellbar

In diesem Fall wird bei der Einstellung des Arbeitsplatzes von unten begonnen. Der Stuhl sollte so hoch sein, dass die Füße komplett auf dem Boden stehen und die Knie 90° angewinkelt sind. Der Tisch muss dann so hoch sein, dass, wenn die Schultern locker hängen und die Unterarme auf dem Tisch aufliegen, die Arme ebenfalls in einem Winkel von 90° gebeugt sind. Die Tastatur sollte etwa 10 bis 15 cm von der Tischkante entfernt liegen. Der Bildschirm wird so eingestellt, dass man leicht nach unten auf ihn blickt,  um den Nacken zu  entlasten. Je nach Größe des Monitors sollte dieser 50 bis 80 cm vom Kopf entfernt stehen.

Fall 2: Der Tisch ist nicht höhenverstellbar

Kann der Tisch in seiner Höhe nicht verändert werden, beginnt man mit der Einstellung des Arbeitsplatzes von oben. Die variable Größe ist nun der Stuhl. Dieser sollte so eingestellt werden, dass die Arme wie in Fall 1 beschrieben auf dem Tisch liegen. Anschließend werden die Tastatur und der Bildschirm wie im ersten Fall beschrieben eingestellt.

 

So gerade und unbeweglich wie in der Abbildung sollte man übrigens nicht bzw. nicht lange sitzen. Wichtig ist stattdessen das dynamische Sitzen. Herr Ruhland erklärte in diesem Zusammenhang, dass es aus ergonomischer Sicht besser ist, wenn man regelmäßig zwischen verschiedenen Sitzhaltungen wechselt und sich zum Beispiel immer mal wieder nach vorn und nach hinten beugt. Das ständige Sitzen auf Sitzbällen oder Pendelhockern ist allerdings auch nicht empfehlenswert. Diese sind für Übungen und zum Training gedacht und sollten nicht länger als 20 Minuten am Stück genutzt werden.

Wichtig ist auch, dass es nicht den einen perfekten Stuhl für alle Mitarbeitenden gibt und dass es eine große Herausforderung sein kann, unter der Vielzahl an Stühlen den besten zu finden. Die VBG stellt hierfür eine Broschüre dazu bereit, die bei der Auswahl des richtigen Bürostuhls helfen kann: „Die Qual der Wahl – wie beschaffe ich den passenden Stuhl?“.

 

Neben der Körperhaltung und der Einstellung des Arbeitsplatzes gab Herr Ruhland im zweiten Teil der Veranstaltung einen Einblick in die richtige Beleuchtung am Arbeitsplatz und sprach über mögliche Belastung der Augen. Die Bildschirmarbeit erfordert eine dauerhafte Konzentration des Blickes auf den Monitor, was zur Überanstrengung der Augen führen kann. Dadurch kann die Sehleistung beeinträchtigt werden, was zur Folge haben kann, dass man sich näher an den Bildschirm heran beugt. Dies ist wiederum keine gute ergonomische Haltung und kann zu weiteren Beschwerden im Lendenwirbel- und Schulter-Nacken-Bereich führen. Hinzu kommt die Alterssichtigkeit, die circa ab dem 40. Lebensjahr einsetzt. Dabei können Objekte in der Nähe nicht mehr scharf gesehen werden und Objekte müssen häufig weiter weg gehalten werden. Allgemein ermüden die Augen mit fortschreitendem Lebensalter im Laufe des Tages schneller.

Damit eventuelle Probleme der Augen frühzeitig erkannt werden, empfiehlt sich das Angebot der arbeitsmedizinischen Vorsorge, welches Arbeitgebende nach § 5 ArbMedVV zu Beschäftigungsbeginn und dann in regelmäßigen Abständen (3 Jahre) anbieten müssen. Für Mitarbeitende ist die Inanspruchnahme allerdings freiwillig. Diese Vorsorge beinhaltet unter anderem ein ärztliches Gespräch, einen Sehtest sowie eine Beurteilung und persönliche Beratung.

Sollte z.B. eine spezielle Bildschirmarbeitsbrille notwendig sein, so ist diese den Mitarbeitenden nach § 3 Abs. 3 ArbSchG  kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Um der Belastung der Augen aber vorbeugend entgegenzuwirken, können einige Dinge getan werden. Herr Ruhland empfiehlt zum Beispiel:

  • eine generelle ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes
  • eine möglichst optimal angepasste Beleuchtung
  • das Anbringen eines kleinen Zettels im Sichtfeld, der an das Blinzeln erinnert (dieses wird am Bildschirm oft vergessen, was zu trockenen Augen führt)
  • Entlastung der Augen durch Blick aus dem Fenster (mehrere kurze Pausen sind zur Augenentlastung besser als eine lange Pause)
  • Übungen zur Augengymnastik
  • ausreichend Trinken, um trockenen Augen vorzubeugen
  • viel Zeit draußen im hellen Tageslicht verbringen

 

Einen zentralen Einfluss auf die Belastung der Augen hat auch die Beleuchtung. Diese sollte gleichmäßig und mindestens 500 Lux hell sein, eine Farbtemperatur von 3300 bis 5300 Kelvin haben und Reflexionen und Blendungen vermeiden. Das Tageslicht sollte zudem seitlich zum Bildschirm in den Raum einfallen. Als Alternative zu Eingriffen in die bestehende Gebäudeinfrastruktur/Gebäudetechnik werden in der Praxis immer häufiger moderne LED-Panel-Stehleuchten verwendet. Diese können direkt am Arbeitsplatz aufgestellt werden und haben den Vorteil, dass eine aufwändige Montage entfällt und meist auch Beleuchtungsstärke sowie Farbtemperatur angepasst werden können.

 

Unser einstündiger Online-Austausch zeigte deutlich, wie viele Einflussfaktoren am Bildschirmarbeitsplatz auf die Gesundheit der Beschäftigten wirken können. Daher ist es wichtig, auf eine ergonomische Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes zu achten.

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, stellt die VBG einige Broschüren und Handlungshilfen zum kostenfreien Download bereit. VBG-Mitgliedsunternehmen können sogar eine kostenlose Beratung zur Büroeinrichtung erhalten. Gern können Sie sich aber auch jederzeit an die BGFZ-Koordinierungsstelle wenden.