Cool bleiben! Wie Sie trotz Sommerhitze einen kühlen Kopf bewahren und für produktive Arbeitsbedingungen sorgen – BGFZ.Live am 11.07.2023

Bei hochsommerlichen 30 °C beschäftigten wir uns am 11. Juli in einer neuen Ausgabe BGFZ.Live mit der Frage, wie man trotz Sommerhitze einen kühlen Kopf bewahren und für produktive Arbeitsbedingungen sorgen kann.

Wir starteten mit einem kurzen Einblick in Zahlen, Daten und Fakten zum Thema Sommerhitze und stellten dabei fest, dass die Anzahl an Hitzetagen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist. Das Rekordjahr war 2018 mit 20 Hitzetagen – doch auch das Jahr 2023 könnte ein Jahr mit einer hohen Anzahl an “tropischen Tagen” werden. Denn auch an diesem Tag herrschen an den Arbeitsplätzen unserer virtuellen Teilnehmer:innen  bereits hohe Temperaturen zwischen 25°C und 30°C. Höchste Zeit also, sich mit den Rechten und Pflichten von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zu beschäftigen und einen Überblick über mögliche Schutzmaßnahmen zu erhalten.

Der Umgang mit klimatischen Bedingungen und Temperaturen am Arbeitsplatz gehört zum Arbeitsschutz. Dementsprechend sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Arbeitsstättenverordnung, dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG § 4) und der Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur zu finden. Laut Arbeitsstättenregel A3.5 sollte die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen die Grenze 26 °C nicht überschreiten. Ist dies doch der Fall, tritt ein Stufenmodell mit entsprechenden Vorgaben zu Schutzmaßnahmen in Kraft:

 

 

 

Gemäß des Stufenmodells sind Arbeitgebende ab einer Lufttemperatur von 30 °C im Arbeitsraum dazu verpflichtet, wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Wie derartige Schutzmaßnahmen aussehen können, schauten wir uns im zweiten Teil der Veranstaltung an.

 

 

Tipps und Hinweise zum Umgang mit Hitze am Arbeitsplatz

Dabei stellten wir zunächst Maßnahmen zur Abkühlung und zum Schutz vor Überwärmung vor:

  • Nachtauskühlung und effektiv zu lüften
    • in den Nachtstunden lüften oder - falls die Fenster aus Sicherheitsgründen nicht über Nacht aufstehen dürfen - in den frühen Morgenstunden
    • Am besten morgens stoßlüften und ab Mittag die Fenster geschlossen halten und mit Vorhängen oder Jalousien abdunkeln​
  • Zusätzliche Wärmequellen vermeiden, indem z. B. elektrische Geräte wie Drucker, Kopierer oder Faxgeräten nur bei Bedarf in Betrieb genommen werden
  • Ventilatoren (z. B. Tisch-, Stand-, Turm- oder Deckenventilatoren) fördern die Kühlung durch Schweißverdunstung, aber nicht jeder mag oder verträgt die Zugluft. In gemeinschaftlich genutzten Büros sollten man sich mit den Kolleg:innen über die Nutzung und Platzierung von Ventilatoren abstimmen.
  • Klimaanlagen nutzen
    • Bei sehr hohen Außentemperaturen sollte die Differenz zur Raumtemperatur nicht zu groß eingestellt werden, da sonst die Gefahr eines "Hitzeschocks"​ beim Gang ins Freie besteht.
  • Alternativ mobile Klimageräte einsetzen
    • Im Gegensatz zu Klimaanlage ohne bauliche Veränderungen nutzbar und flexibel einsetzbar. Anschaffungs- und Energiekosten müssen allerdings gegenüber dem erwarteten Nutzen abgewogen werden.
  • Für Verdunklung der Fenster sorgen
    • Im besten Fall mittels Außenjalousien oder Markisen
    • Wo keine baulichen Veränderungen möglich sind, können alternativ Vorhänge oder Plissees mit Wärmeisolierung eingesetzt werden.

 

Anpassungen der Arbeitsorganisation können zusätzlich für produktive Arbeitsbedingungen und den Umgang mit warmen Temperaturen am Arbeitsplatz erleichtern:

  • Arbeits-, Arbeitszeit- und Pausenregelungen anpassen
    • Schwere körperliche Arbeit eher in kühleren Stunden durchführen
    • Zusätzliche Kurzpausen zur Regeneration und Abkühlung nutzen
    • Die Arbeit früher beginnen, wenn die Temperaturen noch etwas niedriger sind
    • Gleitzeitregelungen / Home-Office / Mobiles Arbeiten nutzen
  • Mitarbeitende, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebs-/Personalrat bei der Maßnahmenplanung einbeziehen und nach Wünschen, Bedarfen und Ideen fragen
  • Sensibilisierung und Schulung der Belegschaft
    • Information über erste Anzeichen und Symptome von Hitzeerkrankungen und Schärfung der Aufmerksamkeit
    • Erste-Hilfe-Maßnahmen organisieren (Handlungsplan festlegen)​ und diesbezüglich sensibilisieren
    • Informationen über die Gefahren hoher Temperaturen und möglicher Vorsorgemaßnahmen vermitteln​
  • Rücksichtnahme auf besondere Personengruppen, wie z.B. schwangere Frauen, ältere Mitarbeitende, chronisch Kranke oder Personen mit bestimmten Behinderungen

Frei nach dem Motto „Arbeitsschutz geht uns alle an“, sollten Maßnahmen zum Schutz vor hohen Temperaturen am Arbeitsplatz nicht nur arbeitgebendenseitig angeboten und vorgelebt werden, sondern auch von den Mitarbeitenden aktiv umgesetzt werden. Hierbei gibt es eine ganze Reihe an personenbezogenen Maßnahmen und Verhaltensanpassungen, die zu gesunden Arbeitsbedingungen im Sommer beitragen können:

  • Wasseranwendungen zur Abkühlung nutzen
    • selbst-kühlende Tücher
    • Umschläge mit feuchten Tüchern z. B. an den Handgelenken, Beinen oder im Nacken, Benetzung der Hautoberfläche​
    • regelmäßig kühles Wasser über die Handgelenke fließen lassen
    • ein Fußbad mit kühlem Wasser machen oder Coolpacks ​ auf die Füße legen (Aber Achtung: die Coolpacks sollten nicht direkt auf der Haut aufliegen!)
  • Bekleidung anpassen
    • Helle, luftdurchlässige, lockere und schweißaufnehmende Kleidung, um Wärmestau zu vermeiden
    • leichtes Schuhwerk
    • "Krawattenzwang" aussetzen​
  • Spezialbekleidung nutzen
    • z. B. spezielle Kühlwesten und Arm- bzw. Beinmanschetten à setzt Akzeptanz der Belegschaft voraus
  • Bewusst Essen
    • An sehr heißen Tagen nach Möglichkeit keine schweren und reichhaltigen Mahlzeiten einnehmen oder alternativ nur halbe Portionen verlangen
    • Besser geeignet sind leichtverdauliche Obst- und Gemüsesalate oder nur eine halbe Portion ​
    • Bananen sind zudem gut geeignet, um den Mineralstoffhaushalt des Körpers schnell auszugleichen​
  • Luftfeuchtigkeit erhöhen und für angenehmen Duft sorgen
    • Z. B. mittels elektrischer Luftbefeuchter
    • Alternativ kann auch eine Schale mit Wasser an den Arbeitsplatz gestellt werden. Hineingegebene Minze- oder Zitronenmelisseblätter sorgen zusätzlich für einen angenehmen Duft, weiten die Atemwege und beugen Kurzatmigkeit vor. Die Schale sollte mit einem gewissen Sicherheitsabstand zu elektrischen Geräten platziert werden.
  •  Ausreichend trinken
    • Unser Flüssigkeitsbedarf erhöht sich im Sommer durchschnittlich um 1,5 l
    • Wichtig ist, über den Tag verteilt zu trinken z. B. alle 15 bis 20 Minuten einige Schlucke à Kalendererinnerung können helfen, die regelmäßige Flüssigkeitsausnahme nicht zu vergessen
    • Flüssigkeit kann auch über flüssigkeitsreiche Lebensmittel wie Melonen, Gurken oder Tomaten aufgenommen werden
  • Maßnahme am Arbeitsplatz: Kostenfreie Getränke zur Verfügung stellen
    • Diese sollten an jedem Arbeitsplatz direkt verfügbar sein, ohne den Arbeitsplatz verlassen zu müssen
  • Das Richtige Trinken
    • Besonders gut geeignet: Trink- und Mineralwasser (am besten nur wenig Kohlensäure), Kräuter- und Früchtetee
    • verdünnte Fruchtsäfte haben den Vorteil, dass sie neben dem Wasser auch Elektrolyte und Mineralstoffe im Körper ersetzen
    • Sehr kalte Getränke sollten vermieden oder nur in kleinen Schlucken aufgenommen werden, da der Körper sonst zur Wärmeproduktion angeregt wird (selbes gilt für Eis)
    • Alkoholhaltige Getränke sollten vermieden oder nur in geringen Mengen aufgenommen werden, da sie zu Wasserverlust im Körper führen

Arbeitsplätze im Freien

 

Ein besonderes Augenmerk sollte in den Sommermonaten auch auf Mitarbeitenden gerichtet werden, deren Arbeitsplätze sich im Freien befinden. Da sie den Witterungsbedingungen über längere Zeiträume hinweg ausgesetzt sind, sollten besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden.

Wirksame Maßnahmen sind zum Beispiel:

  • Arbeiten an möglichst schattigen Plätzen verrichten oder ggf. einen Sonnenschutz installieren z. B.in Form von Sonnensegeln oder Schirmen
  • Auf ausreichende Belüftung oder Besprühung an der Arbeitsstelle sorgen
  • körperbedeckende und atmungsaktive Bekleidung nutzen
  • bei Arbeiten in der direkten Sonne in jedem Fall eine geeignete Kopfbedeckung aufsetzen
  • bei hoher UV-Einstrahlung zusätzlich Sonnenschutzmittel verwenden (min. Lichtschutzfaktor 30) und regelmäßig neu auftragen
  • geeignete Sonnenbrillen tragen à Um eine angemessene Schutzwirkung zu erzielen, sollten Brillen mit CE-Kennzeichen und der Filterkategorie 2 oder 3 verwendet werden. Zudem sollte beachtet werden, dass das Brillenglas das Auge ausreichend bedeckt.
  • Arbeiten in der direkten Sonne während intensiver Sonnenstrahlung zwischen 11 Uhr und 15 Uhr möglichst vermeiden (Sommerzeit in Deutschland)

Was gilt im Home-Office?

 

Von besonderem Interesse ist häufig auch die Frage, welche Rechte und Pflichten im Fall von Home-Office gelten. Hierbei empfiehlt sich zunächst der genaue Blick in den Arbeitsvertrag, um festzustellen, ob tatsächlich Home-Office/Telearbeit vorliegt oder ob es sich um das oft im selben Zusammenhang erwähnte Mobile Arbeiten handelt.

Bei Home-Office/Telearbeit gilt, dass der Arbeitsplatz vom Arbeitgebenden eingerichteten wird. Daher sind Arbeitgebende auch für den Arbeitsschutz und die richtige Temperatur am Arbeitsplatz zuständig.

Beim Mobilen Arbeiten entscheiden die Arbeitnehmenden hingegen selbst, wo sie arbeiten. Daher sind sie auch selbst für entsprechenden Rahmenbedingungen verantwortlich. Arbeitgebende haben aber auch in diesem Fall eine Fürsorgepflicht und können die Arbeitnehmenden beispielsweise dadurch unterstützen, dass sie ihnen einen klimatisierten Arbeitsplatz im Betrieb anbieten oder individuelle Einzelmaßnahmen treffen. Auch dies setzt eine offene und tarnsparente Kommunikationskultur voraus.

 

Am Ende unserer BGFZ.Live Veranstaltung zogen wir das Resümee: Es sind nicht immer Umbaumaßnahmen notwendig – oftmals helfen auch kleine gezielte Maßnahmen wie erfrischende Getränke oder Ventilatoren. Wichtig ist, denn Mitarbeitenden Angebote gegen Hitze am Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihnen damit auch Wertschätzung entgegenzubringen. Werden Sie kreativ und entwickeln Sie individuelle Maßnahmen gegen die Hitze.